The war is over

18. September 2025

2 – Gutmensch

Ich kann mich noch sehr gut an diesen Tag aus der zweiten Geschichte meines Buches erinnern, ebenso daran, wie sehr meine Mutter geweint hat, als sie mich an der Schule loslassen musste.

Es war, als würde ich zu einer Elite gehören. Wir waren die Auserwählten. Wir hatten den Plan, die Wahrheit und das einzig wahre Verständnis von Gut und Böse. Natürlich waren wir die Guten. Die anderen waren die Bösen. Doch auch wir hatten es uns nicht einfach so erworben. Es gab einen klaren Katalog mit Vorgaben, Regeln und Vorschriften, die es zu beachten galt, um dieses Abzeichen zu verdienen.

Das erinnert mich stark an viele weitere Systeme in uns und in dieser Welt. In unserer Gesellschaft gibt es mittlerweile auch einen sehr langen Katalog ausgesprochener und unausgesprochener Regeln, die es zu beachten gilt, um sich auf die Seite der „Guten” zu befinden.

Zugehörigkeit = Überleben.

Wahrscheinlich gehört es schlicht zum menschlichen Trieb, da es ein Grundbedürfnis direkt anspricht. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Wurzeln, Heimat und Geborgenheit. In einem Rudel bin ich stark – da bin ich sicher. Wenn ich mich um andere kümmere, kümmern sie sich um mich. 

Ein Relikt aus alten Zeiten, in denen es ganz sicherlich so war. Damals waren die Menschen noch selbst für ihren Schutz verantwortlich und organisierten sich in Stämmen, die sich gegenseitig versorgten und beschützten.

Religiöse Prägungen

Während wir uns heute stückweise wieder einem ideologiefreien Glauben annähern, tragen wir gleichzeitig die ganze Radikalität des Glaubens in unseren Genen, die uns von unseren Ahnen vererbt wurde. „Nur die Guten kommen in den Himmel, der Rest kommt in die Hölle.“

Liegt hier der eigentliche Grund verborgen, warum wir den Zwang verspüren, beweisen zu müssen, dass wir gut sind? Welchen Einfluss haben die größten Kirchen auf diesen inneren Richter, der in unserem Herzen lebt? Wie viel Gewicht kann ein schlechtes Gewissen bekommen?

An dieser Stelle lassen sich Menschen besonders leicht manipulieren und lenken, denn der Wunsch, gut zu sein, ist so tief in uns verankert.

Wenn du genau hinschaust, wirst du feststellen, dass oft genau dieser Hebel genutzt wird, um Menschen zu bestimmten Handlungen oder Denkweisen zu führen. „Du willst doch ein guter Mensch sein, oder nicht?“

Darüber könnte ich ganze Bücher schreiben, denn es gibt so viele weitere Ebenen, die hier den Rahmen sprengen würden.

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es weltweit keine Norm für Gut oder Böse gibt. Es sind Variablen. Je nach Kultur können sie vollkommen unterschiedlich bewertet werden. Was in Deutschland als gut bewertet wird, gilt in anderen Ländern als schlecht – und umgekehrt. Wenn es also Variablen sind, die keiner Norm unterliegen, warum sollten wir sie dann als DIE Wahrheit verteidigen? Es ist lediglich eine von vielen Wahrheiten. Wie reich wird unsere Welt werden, wenn wir beginnen diese Weltsichten miteinander zu verbinden, statt sie zu bekriegen.

Die Art und Weise, wie die Zeugen Jehovas ihre Weltsicht verteidigen, mag für viele befremdlich wirken. Doch unterscheiden sie sich so sehr von den üblichen engen Strukturen unserer Gesellschaft? Ihre Weltsicht ist eine von vielen. Für sie mag sie stimmen und ihr Leben bereichern, für andere nicht.

So what?

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Teile diesen Post gerne in deinem Netzwerk
Hintergrund
Johanna Pardo

0_Einleitung

Geliebter Mensch, danke, dass du dieses Buch in den Händen hältst. Es hat 9 Jahre gebraucht, bis es nun endlich den Weg

Weiterlesen »
Teil 1 - Der Ursprung
Johanna Pardo

3 – Rebellion

Fast jeder von uns hat in seiner Teenager-Zeit rebelliert und die Autoritäten seines Lebens infrage gestellt. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer

Weiterlesen »
Frau streckt ausgestreckte Hand in die Kamera, als Zeichen dass sie Stopp sagt
Teil 2 - Der Ausbruch
Johanna Pardo

8 – Grenzen

Diese Erfahrung mit meiner Familie war wie ein Crash-Kurs im Erwachsenwerden. Das erste Mal in meinem Leben, das ich etwas für mich

Weiterlesen »