The war is over

18. September 2025

1 – People Pleasing

Ein kleines Kind zweifelt nicht an seiner Umwelt, sondern immer an sich selbst. „Das, was ich denke und fühle, ist falsch“, in meinem Fall sogar Sünde. „Du möchtest doch kein böses oder schlechtes Kind sein, oder?”

Aus dieser Zeit sind Wahrheiten über uns entstanden, die oft bis heute Bestand haben. Es sind Anteile unseres Ur-Wesens, die wir aus Scham und Schuld für immer in den Keller gesperrt haben. Wir haben uns innerlich beschnitten (beschneiden lassen), aus diesem damals notwendigen Überlebensinstinkt heraus. Ein kleines Kind, das nicht Teil des Rudels ist, stirbt. Das wussten wir. Instinktiv. Wir wussten, dass wir unsere Eltern und unsere Familie brauchen, um zu überleben.

Wenn du 20 Jahre lang jeden Tag einen Handschuh an der rechten Hand trägst, wirst du irgendwann nicht mehr mitbekommen, dass du ihn trägst. Es wird zur Normalität. Wenn du dich irgendwann entscheidest, ihn abzulegen, wird dir etwas fehlen. Du wirst dich vielleicht nackt oder unvollständig fühlen. Du hast ihn so lange getragen, dass er zu deiner zweiten Haut geworden ist.

Ähnlich war es bei mir mit dem Wunsch, gefallen zu wollen. Ich saß schon lange nicht mehr mit meinem Vater und meiner Mutter am Frühstückstisch. Ich war inzwischen über 40 Jahre alt. Ich dürfte keine Angst mehr haben, zu sterben, wenn ich aus dem Rudel falle. Ich bin nicht mehr von meinem Gegenüber abhängig, um zu überleben, und doch spulte ich automatisiert das gleiche Schema ab, genauso wie damals, als ich an diesem Tisch saß. Ich sprach nicht meine Wahrheit, sondern sperrte meine Gedanken und Emotionen in den Keller. Ich zeigte nur das, was mich nicht in Schwierigkeiten bringt. So wurde ich zum People Pleaser.

Unsere Welt ist voller People Pleaser. Überspitzt gesagt, leben wir in einer absoluten Fake-Welt. Wir zeigen nur das, was uns nicht in Schwierigkeiten bringt. Es ist eher selten, jemanden zu treffen, der kein People Pleaser ist.

Andererseits sind wir heute wohl immer noch der Meinung, dass uns das schützt. Vor Konflikten, Bloßstellungen, Scham und Fehlern. Wir machen uns damit nicht angreifbar und leben unser ruhiges und entspanntes Leben, so wie wir es bisher kannten. Wir wollen nicht anecken, niemanden verletzen oder wütend auf uns machen. Diese Geschichten habe ich mir auch erzählt. Doch bei mir war es zumindest so, dass ich in der Tiefe vor allem eine verdammte Angst vor Gegenangriffen und der möglichen Ablehnung hatte. Ich hatte Angst vor Trennung. Tatsächlich ist Trennung ja eher in Mode gekommen, als in dem Feuer einer Beziehung stehen zu bleiben.

In diesen Fake-Beziehungen findet sich jedoch nicht die Wahrheit, die Tiefe und die Verbindung, die wirklich berühren und heilen. Wir halten uns damit gemeinsam in einer Scheinwelt gefangen, in der jeder nur „versagen” kann, weil er dem Bild des perfekten Menschen niemals entsprechen wird.

Dieses Kapitel ist eine Einladung, uns an den Ursprung unseres People-Pleasing zu erinnern und mit dem jüngeren Anteil in uns in Kontakt zu kommen, der es unter den damaligen Umständen gut für uns geregelt hat – jetzt sind wir erwachsen und können wieder selbst Verantwortung übernehmen.

Was genau haben wir damals von uns abgeschnitten?

  • Unsere Lebendigkeit?
  • Unsere Eigensinnigkeit?
  • Unseren Sonnenschein?

Ist jetzt die Zeit, es sich selbst zu erlauben, es aus dem Keller wieder an die Oberfläche unseres Lebens zu holen?

Welche Entscheidung treffen wir heute?

Herzensgruß zu dir,
deine Johanna Pardo

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